Auswertung
Früher mussten die Fotoplatten mühsam per Hand ausgewertet werden: mit Mikroskop, Messschlitten und einigem Aufwand an Rechenarbeit.
Das öffnete Ende des 19. Jh. Frauen den Weg in die Astronomie, zumal die Sternwartedirektoren billige Rechnerinnen (Artikel) benötigten.
Heute nimmt uns die digitale Aufnahmetechnik den Großteil dieser Arbeit ab - und zwar im Zusammenspiel mit spezieller, astrometrischer Software.
Auf den Fotos befinden sich nämlich neben dem eigentlichen Zielobjekt auch mehrere Anhaltssterne, deren Koordinaten bekannt sind. An diese wird das Zielobjekt automatisch angeschlossen.
Es gibt online-Dienste wie astronomy.net. Hier lädt man die Fotos einfach hoch. Dann werden die helleren Sterne im Bild identifiziert und mit Labels versehen (die anderen Funktionen des Webtools haben sich mir bislang nicht erschlossen). Hier ein Beispiel:
Außerdem existiert Astrometrie-Software, die man am eigenen PC installiert. Die verschiedenen Programme besitzen unterschiedliche Vorzüge.
Den besten Ruf hat sich das mächtige Programm Astrometrica von Herbert Raab (Oberösterreich) erworben. Es arbeitet mit FITs-Dateien.
Der All Sky Plate Solver von Giovanni Benintende (Sizilien) und PlateSolve2 von PlaneWave Instruments bieten weniger Funktionen, sie akzeptieren neben FITs aber auch JPGs.
All Sky Plate Solver (ASPS) - Beispiel Vesta
Zur Positionsbesimmung der Vesta schoss ich eine 10 Sekunden lang belichtete Aufnahme - am 10.4.2017, mit der EOS 1000D und im Fokus meines LX90 von Meade. Es hat eine Nennbrennweite von 2000 mm. Als ISO-Einstellung wählte ich 1600.
Die Nachführung wurde dem eingebauten Computer überlassen. Die Luft war relativ ruhig, der volle Mond machte sich aber mit kräftiger Himmelsaufhellung bemerkbar.
Wie man sieht, ist das Bild hochgradig verrauscht und aufgehellt. Hier stört dies aber nicht.
Die Software ermittelt anhand der Lage der festgehaltenen Sterne selbst, um welche Himmelsregion es sich hier handelt. Dann rechnet sie ein paar interessante Parameter aus. Zum Beispiel das Bildfeld der Aufnahme, die wirklich exakte Brennweite, die Lage der Hauptachsen in Relation zum himmlischen Gradnetz und die Himmelskoordinaten der Bildmitte.
Auf dem Monitor lässt sich nun die ganze Aufnahme mustern. Man bringt den zum Kreuz gewordenen Mauszeiger möglichst genau in die Mitte des fraglichen Objekts. Die Windows Bildschirmlupe kann da hilfreich sein. Man findet sie z.B., indem man das Wort "magnify" ins Ausführen-Feld eintippt. Die Koordinaten des Kreuzes stehen am Schirm. Hier sind es jene der Vesta.
Die angezeigten Koordinaten stimmen mit jenen überein, die von der Astronomiesoftware Guide 9.0 für diesen Zeitpunkt genannt werden.
Aber Achtung: Der vom All Sky Plate Solver rechts unten am Foto angezeigten Rektaszension (R.A.) mangelt es deutlich an Auflösung. Das ist ärgerlich. Denn hier müsste zumindest noch eine Stelle hinter dem Komma angezeigt werden. Eine ganze Zeitsekunde in Rektaszension ist nämlich bis zu 15 Winkelsekunden "breit". Das Amateurteleskop löst eine Größenordnung besser auf als diese Anzeige.
Einzige Abhilfe: Man aktiviert "Copy coords as decimals". Dann wird die Rektaszension allerdings in Dezimalgrad angegeben, nicht in Stunden. Um das Stundenformat zu erhalten, muss diese Zahl zunächst durch 15 dividiert werden. Bei der Deklination darf diese Division nicht erfolgen. Näheres zum Koordinatensystem finden Sie hier.
PlateSolve - Beispiel M35
Manchmal kann der All Sky Plate Solver das Bild nicht identifizieren - wie hier bei meinem Foto vom Sternhaufen M35. Dann versuche ich es mit der Alternative PlateSolve.
Seine beiden Sternkataloge benötigen deutlich weniger Platz auf der Festplatte als jene des ASPS. Dafür muss man allerdings die ungefähren Koordinaten des zu untersuchenden Objekts und die Größe des Bildfelds bereits wissen und der Software mitteilen.
Unten sieht man zunächst mein Foto ...
... und hier die Sterne, die vom PlateSolve erkannt wurden:
SolvePlate gibt die Koordinaten gleich mit höherer mathematischer Auflösung an, also mit 2 (Rektaszension) bzw. einer Stelle (Deklination) hinter dem Komma.
Ganz rasch geht's mit APT
Auch die Kamera- und Teleskopsteuersoftware APT kann astrometrieren, und zwar über die Funktion Point Craft. Das klappt mit aktuell geschossenen Aufnahmen ebenso wie mit älteren Fotos, die man in APTs Image Browser aufruft.
Klickt man ins Bild, wird dieses vergrößert dargestellt. Man drückt nun die Schaltfläche Solve. Danach muss man mit der Mauszeigerspitze in die Mitte des fraglichen Objekts klicken und die Maustaste gedrückt halten: Die Koordinaten der Zeigerspitze werden angezeigt.
Trotz der bescheidenen Vergrößerung reicht dieses Schnellverfahren aus, um unbekannte Sterne zu identifizieren.
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