Planetenfotografie mit der DSLR: Aufnahme - Dr. Christian Pinter - Fototipps

Direkt zum Seiteninhalt
Planetenfotografie mit der DSLR: Aufnahme
Normalerweise filmt man Planeten mit einer CCD/CMOS-Kamera - schon der besseren Auflösung wegen. Wer aber keine entsprechende Cam sein Eigen nennt, sollte es einmal mit seiner digitalen Spiegelreflexkamera (DSLR) im Fokus des Teleskops versuchen.

Damit bleibt man zwar untermotorisiert: Doch ein DSLR-Einzelfoto ähnelt in etwa jenem Eindruck, den man mit visuell - also mit dem Auge am Okular - vom selben Planeten zur selben Stunde am selben Teleskop erhielte. Die DSLR-Aufnahmen mögen somit als bebilderte Erinnerung ans eigene Erleben am Fernrohr dienen.  
Ein weiterer Vorteil ist jedenfalls das im Vergleich zur CCD zumeist wesentlich größere Bildfeld, was z.B. hilft, größere Teile der Mondoberfläche festzuhalten oder enge Planetenkonjunktionen.

Außerdem darf man mit der DSLR meistens länger belichten als mit einer hochauflösenden Planeten-CCD-Kamera. So wird es möglich, nicht nur Jupitermonde, sondern auch Trabanten des Saturn, des Uranus oder des Neptun im Bild festzuhalten: Sogar solche, die man ihrer Lichtschwäche wegen mit dem Auge am Teleskop nie sehen würde!
Bei dieser Einzelaufnahme war das Seeing ausnahmsweise ausgezeichnet.

Das Bild, geschossen am 11.9.2023, ähnelte dem visuellen Eindruck des Saturn im selben Teleskop (20 cm Öffnung, Vergrößerung 225 x)
Wer nur ein einziges Foto schießt, braucht großes Glück mit dem Seeing. Man wird also möglichst viele kurzbelichtete Fotos machen und dann das allerbeste heraus suchen.
Video, JPGs oder LiveView-Mitschnitt
Weit über ein reines Erinnerungsbild hinaus kommt man mit den drei folgenden Verfahren. Sie tricksen die Luftunruhe aus und erlauben es, Schärfe und Kontrast anzuheben. Dazu muss man mit der DSLR hunderte bis tausende Bilder gewinnen und diese dann stacken (engl., "stapeln").

1.: Viele DSLRs besitzen eine Videofunktion, mit der man eben ein minutenlanges Video des Planeten dreht. Vorteil: Das Verfahren ist vergleichsweise einfach. Nachteil: Die Belichtungszeit muss kürzer sein als 1/30 sec, und die Videos werden außerdem komprimiert.

2.: Alternativ kann man hunderte Einzelfotos schießen. Ausgelöst wird dabei mit einem Fernauslöser oder mit einer passenden Software. In jedem Fall sollte man Vibrationen zwischen den Belichtungen abklingen lassen! In APT lassen sich passende Pläne für jeden Planeten erstellen. Vorteil: Man kann RAWs (CR2s) schießen - die lassen sich später besser bearbeiten. Nachteil: Dieses Verfahren dauert sehr lange und wird von einem lauten Geklappere des Kameraverschlusses begleitet.
3.: Sehr viel rascher kommt man voran, indem man viele hundert Einzelfotos aus dem LiveView der Kamera extrahiert - von einem Programm wie APT. Vorteil: Das Verfahren ist recht bequem und belastet den Kameraverschluss kaum. Nachteil: Man erhält bloß JPGs.
Für dieses Verfahren öffnen Sie den LiveView in APT (oder einem vergleichbaren Programm). Dann klicken Sie auf den Reiter "Tools", danach auf "Planetary". Nun erscheint eine Box, in der Sie die Zahl der zu extrahierenden Frames eingeben (z.B. 1000). Mit "Start" beginnt der Prozess.

Falls Zoom+ im LiveView eingestellt war, sind auch die gewonnenen Bilder gezoomt. Ein 5x Zoom im LiveView soll bei den meisten Canon DSLRs die relativ besten Ergebnisse liefern. Vorzugsweise experimentiert man selbst mit fünffachem, zehnfachem und ganz ohne Zoom.


Welches Verfahren Sie auch wählen: Am Ende liegt eine stattliche Anzahl von Videoframes (1. Verfahren), RAW-Aufnahmen (2. Verfahren) oder JPG-Bildern (3. Verfahren) aus ihrer DSLR vor. Zur weiteren Bearbeitung füttern Sie ein Stacking-Programm damit.
Vorbereitung sinnvoll
Astronomische Objekte fotografiert man nach Möglichkeit zum Zeitpunkt ihrer Kulmination, also ihres Hochststands im Süden. Bei niedrigem Stand wird die Bildqualität nämlich von der dann stärkeren Luftunruhe gemindert. Eine Prognose der Luftunruhe ("Seeing" genannt) liefert die Website Meteoblue, die Ihren Standort zu erkennen versucht.

Ein Seeing um 1.0 Bogensekunden (Spalte "arc sec.") wäre ideal.

Links: Ein Beispiel für sehr gutes Seeing, hier rot markiert. Anfangs nützt es wegen der Bewölkung freilich nichts.
Den Zeitpunkt der Kulmination nennt unter anderem die ausgezeichnete und vielseitige Astro-Software Guide. Sie verrät Ihnen vieles mehr - etwa die Lage des Mondterminators, die Stellung der Jupitermonde, die Sichtbarkeit des Großen Roten Flecks oder der Albedostrukturen auf Mars. Planetenfotografen setzen auch auf das kostenlose Programm Winjupos.
Fokussieren
Vor der Aufnahme muss man peinlich genau scharfstellen. Man orientiert sich dabei zumeist an kleinen Details, die offenbar nur bei perfekter Scharfstellung sichtbar werden. Beim Saturn wird das z.B. die Cassini-Teilung sein, beim Jupiter sind es Einzelheiten in den Wolkenbändern. Beim Mars ist das Fokussieren gar nicht einfach. Überhaupt fällt es umso schwerer, je größer die Luftunruhe gerade ist.

Mit der Hand geht das Fokussieren schlecht, weil jede Erschütterung das Bild wanken lässt. Ein wackliges Bild kann man auf dem Computermonitor aber nicht auf seine Schärfe hin beurteilen. Ich empfehle daher elektrische Fokussierer.
Der nachträglich gekaufte Meade-Fokussiermotor erfüllt diesen Zweck. Er funktioniert analog und wird von einer speziellen Handbox aus gesteuert.

Ein analog-digital-Wandler erlaubt mir aber sogar den Anschluss ans Notebook bzw. den PC. Das ist wichtig, wenn ich das Teleskop beim Fotografieren bzw. Filmen fernsteuern will.
Belichtungszeit
Außerdem wird man eine möglichst kurze Belichtungszeit anstreben, um die Luftturbulenzen während jeder einzelnen Belichtung einzufrieren. Zumindest, wenn man kann:
Bestimmend beim hochauflösenden Fotografieren ist nämlich nicht die Gesamthelligkeit eines Objekts, sondern dessen Helligkeit pro Flächeneinheit:

Merkurs Oberfläche ist im Schnitt sechsmal heller als die des Vollmonds, die Venus strahlt 10 mal so hell wie der Mond. Beim Mars muss man von der Hälfte, beim Jupiter schon von einem Sechstel der Mondhelligkeit ausgehen. Beim Saturn ist es gar nur ein Zwanzigstel.

Natürlich kann man dieses Problem mit einer höheren ISO-Einstellung lösen. Allerdings wird das Bild dabei merklich schlechter. Jede Kamera hat da ihre eigenen Grenzen: Ab einer bestimmten ISO-Zahl nimmt die Qualität ihrer Aufnahmen dann schneller ab als zuvor.
Atmosphärische Dispersion beseitigen
Unsere Lufthülle wirkt wie ein Prisma: Sie bricht kurzwelliges Licht stärker als langwelliges. Daher erhalten alle Planeten unten einen roten, oben einen blauen Rand. Je weiter der Lichtweg durch die Atmosphäre, desto stärker wird der Effekt. Tiefstehende Objekte werden davon stärker geplagt als solche, die hoch droben am Himmel stehen.

Die atmosphärische Dispersion stört auf bei der visuellen Beobachtung. Bei einfachen Erinnerungsfotos an schöne Fernrohranblicke würde ich sie daher einfach im Bild belassen. Bei hochauflösenden Aufnahmen verringert sie aber die Bildschärfe. Hier gibt es mehrere Verfahren, um das Problem zu mildern:
1. Idealerweise beseitigt man die Dispersion, bevor das Licht überhaupt den Kamerasensor erreicht.

Dazu dient der nicht ganz einfach zu handzuhabende Atmosphäric Dispersion Corrector.
2. Man versucht, störende Farbränder teilweise mit einem Farbfilter zu minimieren. Das führt freilich zu einer farblichen Veränderung des gesamten Bildeindrucks. Eventuell lohnen Versuche mit farbneutraleren kontraststeigernden Filtern (Fringe Killer, Contrast Booster, Semi-Apo-Filter).

3. Man verwendet nur einen der drei Farbkanäle des Videos zur Weiterverarbeitung. Das ist in etwa so, als hätte man ein blaues, grünes oder rotes Farbglas vor die Kamera gesetzt.

4. Man überlässt die Bereinigung der nachfolgenden Bildbearbeitung: Bei Autostakkert und Registax heißt die entsprechende Funktion RGB-Align. Das ist nicht der allerbeste, aber der mit Abstand bequemste Weg!
Weiter zu: Bearbeitung der Aufnahmen
Zurück zum Seiteninhalt