Fotografie des Mondes in Farbe - Dr. Christian Pinter - Fototipps

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Der Mond in Farbe
Unserem Auge erscheinen die Mondlandschaften bloß in grauen Schattierungen. Doch in diesen lunaren Shades of Grey steckt eine Menge Information, die das geschulte Auge entschlüsseln kann. Die Digitalfotografie macht sogar geheime Farbinformationen darin sichtbar.
Vor 3,9 bis 3,2 Milliarden Jahren stieg basaltische Gesteinsschmelze aus dem damals noch heißen Mondmantel auf. Sie ergoss sich in mehreren Episoden auf die Böden tiefer Einschlagsbecken und erstarre dort: So entstanden die grauen Mondmeere, die etwa ein Drittel der erdzugewandten Mondhemisphäre bedecken.

Dieses Material schenkt Forschern Einblick in die chemische Zusammensetzung des darunter verborgenen Mondmantels, denn von dort stammt es ja ursprünglich.  Im dunklen Pyroxen und im Olivin findet sich Eisenoxid, im Mineral Ilmenit  hingegen Titandioxid.
Weil die Gesteinsschmelze unterschiedlichen Tiefen entsprang, besaß sie nicht immer die gleiche Zusammensetzung.

Je mehr Titan in die Mixtur kam, desto dunkler und bläulicher gerieten die Meeresbasalte. Deshalb zeigen die einzelnen Mondmeere im Fernglas verschiedene Grautöne.

Selbst innerhalb ein und desselben Meeres macht man variierende Grautöne aus.
Die subtilen Farbabweichungen bleiben dem menschlichen Auge aber verborgen. Seine Farbwahrnehmungsfähigkeit ist nicht stark genug. Mithilfe der Digitalkamera kann man die Kolorierungen hingegen sichtbar machen - und Frau Luna Farbe ins Gesicht zaubern. Wie das geht, erkläre ich hier.
Aus Grau mach bunt
Auch wenn es Paradox erscheint: Um die unterschiedlichen Farben der Mondoberfläche darstellen zu können, muss man zunächst ein möglichst neutrales (graues) Mondfoto schießen. Der geringste generelle Farbstich würde bei der folgenden Bildbearbeitung zu unbrauchbaren Resultaten führen.

Daher fotografiert man den Vollmond, wenn er möglichst hoch am Himmel  steht. Ansonsten filtert die Erdatmosphäre zu viel Blau aus seinen Strahlen und  lässt ihn mit einem zu starken Gelbstich zurück. Die Brennweite sollte möglichst groß sein, die ISO-Zahl möglichst gering.
Entscheidend ist der Weißableich
Der Weißabgleich wird auf "Automatic" gestellt. Das so geschossene Foto sollte, falls die Kamera diese Option bietet, Ausgangspunkt für ein noch neutraleres Foto im "Custom-Modus" des Weißabgleichs sein. Um Über- und Unterbelichtungen zu vermeiden, probiert man mehrere Belichtungszeiten aus.

Natürlich verwendet man ein Teleobjektiv mit möglichst hoher Brennweite. Ideal ist die Montage der Kamera am Teleskop: Passt dort nicht der ganze Mond ins Bildfeld, macht man mehrere gleichbelichtete Aufnahmen und setzt diese mit einer Panorama-Software zusammen.
Das Ausgangsbild muss völlig grau sein. Schon ein leichter Farbstich (rechts) vereitelt den Erfolg. Ist alles gut gegangen, zeigt der Monitor einen farblosen (also grauen) Vollmond.
Im Bildbearbeitungsprogramm wird nun die Farbsättigung (Saturation) bis zum Anschlag erhöht. Diesen Schritt wiederholt man (eventuell mittels Abspeichern, Schließen und erneutem Öffnen des Fotos), bis die unterschiedlichen Farbtöne klar hervortreten und noch keine allzu störenden Artefakte auftauchen.

Beim Fotografieren hinderlich sind dünne, hochfliegende Wolken, da sie offenbar zum Ausbleichen der Mondfarben beitragen.

Außerdem wird beim Steigern der Sättigung auch der Kontrast des bearbeiteten Bildes deutlich angehoben. Die Originalaufnahme sollte zum Ausgleich mit möglichst geringem Kontrast (Gamma) geschossen werden - werfen Sie einen Blick auf die Kameraeinstellungen. Den geringsten Kontrastumfang besitzt der Vollmond. Sofern Sie nicht mit extrem großer Brennweite arbeiten und sich folglich auf kleine Mondregionen beschränken, sollten Sie vor allem diese spezielle Mondphase nutzen.
Die Farbsättigung wird schrittweise erhöht. So treten die unterschiedlichen Farben klar hervor.
Der Mond darf bei der Bearbeitung unten einen roten, oben einen blauen Rand bekommen. Diese Abweichung entsteht durch die Erdatmosphäre. Sie wird beim Steigern der Sättigung nur besonders auffällig. Abhilfe könnte hier ein Atmospheric Dispersion Corrector schaffen (noch nicht ausprobiert).

Zeigt aber der gesamte Mondkörper einen generellen Farbstich (meist gegen Rot), war die Aufnahme nicht neutral (also grau) genug. Man wiederholt sie mit besserem Weißableich oder höher stehendem Mond.
Vorsicht vor den Artefakten
Fallen nach weithin erfolgreicher Bearbeitung Artefakte oder Farbstiche auf, nimmt man die Sättigung am besten wieder etwas zurück - bis ein in Summe befriedigendes Resultat vorliegt.

Treten die Pixel schon bei geringer Sättigung allzu störend hervor, muss man aber zu einer höheren Brennweite, einer noch geringeren ISO-Zahl oder zu einer Kamera mit besserer Auflösung greifen.

Das Bildrauschen lässt sich vermindern, indem etliche Mondfotos vor der Bearbeitung zu einem einzigen "gestackt" werden; Spezialisten kennen dieses Verfahren von der Planeten- und von der Deep Sky Fotografie.

Im übrigen sollte man so lange wie möglich mit unkomprimierten Formaten (z.B. RAW, CR2) arbeiten und erst das völlig fertig ausgearbeitete Foto als JPEG abspeichern. Andernfalls entstehen noch mehr Artifakte.
Bei entsprechend hoher Brennweite, also mit der Kamera am Teleskop, lassen sich sogar die Tönungen einzelner Mondlandschaften im Detail sichtbar machen.

Sehr auffällig ist der Unterschied zwischen dem Meer der Heiterkeit (oben) und dem Meer der Ruhe (unten). Aber auch innerhalb desselben Meeres variiert der Farbton.
Wie weit man die Kolorierung treibt, ist Geschmackssache. Das recht bunte Foto unten wurde vor allem mit Adobe Photoshop Lightroom entwickelt.

Das Beste sei nochmals betont: Die Farben sind nicht bloß Behübschung, sondern erzählen von der unterschiedlichen Zusammensetzung des Mondgesteins. So verrät das stimmungsvolle Blau z.B. einen höheren Titan-Anteil im lunaren Basalt. Vergleichen Sie mein Foto bitte mit dem Resultat der US-Clementine-Mission (oben links auf dieser Seite von spacedaily.com, Australien).
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