Ein individueller Farbindex
Wir haben bei der Arbeit mit IRIS die drei Farbkanäle getrennt und dann bloß den Grünen ausgewertet. In den beiden anderen Kanälen stecken aber weitere Informationen, die wir verwenden können.
So wird ein rötlicher Stern im roten Farbkanal - relativ betrachtet - heller wirken als im blauen. Bei einem bläulichen Stern sollte es umgekehrt sein.
Rot: vergleichsweise kühl. Blau: sehr heiß
Nun ist die Farbe von Sternen ein Ausdruck ihrer Oberflächentemperatur. Salopp gesagt gilt: Je mehr sich ein pastellartiges Gelb, Orange oder gar Rot ins Sternenweiß mischt, desto kühler muss die Oberfläche relativ zu unserer Sonne sein. Deutet sich auch nur ein Hauch von Blau im Sternenlicht an, ist dessen Antlitz heißer als das unseres Sterns.
Somit könnten uns der rote und blaue Kanal - in Vergleich zueinander bzw. zum grünen Kanal gesetzt - Hinweise über die Oberflächentemperatur des Sterns geben! Je krasser der Unterschied, desto kühler bzw. heißer ist der Stern.
Wir messen die provisorische Magnitude im blauen Bild und ziehen die provisorische Magnitude im roten Bild ab. Die Differenz ist ein Maß für die Sternfarbe. Wer will, kann überdies im grünen Kanal messen.
Wir benötigen dazu keine Vergleichssterne, müssen aber die Messeinstellungen - speziell die "magnitude constant" - bei der Auswertung der zwei bzw. drei Kanäle ident lassen.
Ich bestimme die Helligkeit in allen drei Kanälen und tippe sie in ein ganz simples Excel-Sheet. Es subtrahiert die Werte einfach voneinander.
Dass die Helligkeitsdifferenzen wirklich von der Farbe beeinflusst werden, zeigen schon die folgenden drei Messungen. Sie wurden von mir an einem rötlichen, gelblich-orangefarbigen und bläulichem Stern gewonnen.
KLASSE Blau-Grün Blau-Rot Grün-Rot Johnson
M0 0,492 0,297 -0,195 1,657
K3 0,087 0,073 -0,006 1,35
B8 -0,366 -0,891 -0,525 -0,07
Eichversuche mit Klasse
Wenn wir obiges Verfahren bei einer Vielzahl von Sternen einsetzen, und die Helligkeitsdifferenz mit der jeweiligen Spektralklasse vergleichen, können wir unseren individuellen Farbindex sogar eichen.
Doch woher nimmt man die Spektralklassen?
Guide zeigt die Sterne auf Wunsch farbkodiert an. Das liefert erste Anhaltspunkte. Durch Anklicken des entsprechenden Sterns erhält man die Information über seine Spektralklasse.
Natürlich kann man auch online-Datenbanken wie SIMBAD heranziehen. Unter "Spectral type" findet man dort die Spektralklasse des jeweiligen Sterns.
Ein Profi: Der Johnson-Index
Die professionelle Version unseres individuellen Farbindex' heißt übrigens "Johnson B-V Farbindex". Er errechnet sich aus der Helligkeit im Blauen minus der Helligkeit im visuellen Kanal (beide standardisiert gemessen).
Wer mag kann versuchen, den eigenen Index mit dem Johnson-Index mathematisch in Beziehung zu setzen.
Nicht übertragbar
Das geschilderte Verfahren liefert keine so aussagekräftigen Ergebnisse wie etwa die Spektrometrie - nicht einmal der Johnson-Index! Daher muss jeder selbst entscheiden, ob der Aufwand für ihn lohnt.
Unser Ergebnis wird außerdem stark vom Aufbau des Kamerasensors abhängen.
Somit gelten die ermittelten Helligkeitsdifferenzen im blauen, grünen und roten Farbkanal immer nur fürs gleiche Aufnahme-Setting.
Dieser Farbindex ist eben, wie gesagt, individuell.