Winkel - Dr. Christian Pinter - Fototipps

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Winkel
Distanzen an der Himmelskugel werden fast immer in Winkelgrad angegeben. Der größtmögliche Kreis am Himmel umfasst 360 Grad (°). Wenn man sich einmal komplett um die Körperachse dreht, überstreichen die Augen ebenfalls einen Winkel von 360° entlang des Horizonts.
Der mit der Faust misst
Wir können Winkel grob abschätzen, indem wir unsere Faust bzw. unsere Handspanne zu Hilfe nehmen - allerdings müssen wir dies bei völlig durchgestrecktem Arm tun. Unter der naiven Annahme, dass Menschen mit großen Händen lange Arme und solche mit kurzen Armen kleine Hände besitzen, sollte das Ergebnis bei allen Zeitgenossen ähnlich sein. So zumindest die Theorie.

Die Faust erscheint bei völlig durchgestrecktem Arm in einem Winkel von etwa 10°, die Handspanne (von der Daumenspitze bis zur Spitze des kleinen Fingers) unter einem Winkel von etwa 20°.

Bei mir sind es 10,5° bzw. 21,5°. Mein Daumen misst an der dicksten Stelle 2,5°, mein Mittelfinger vorn und mein kleiner Finger 1,5°. Jetzt kennen Sie meine wichtigsten biometrischen Daten! Wären meine Finger kleiner, tät' ich mir beim Gitarrespielen leichter.

Mit solch körpereigenen Winkelmessern kann man nicht nur Höhenwinkel abschätzen, sondern z.B. auch die Annäherung eines Planeten oder des Mondes an einen hellen Stern mitverfolgen. Man muss die Messung dazu nur im Tagesabstand wiederholen und das Ergebnis notieren.
Die körpereigenen Messhilfen besitzen einen gewaltigen Vorteil: Man hat sie immer dabei. Sogar eichen lassen sie sich!

Sie können Handspanne und Faust leicht eichen, wenn Sie den Großen Wagen (dieser Asterismus ist Schwanz und Hinterteil des Sternbilds Großer Bär) anschauen. Zwischen dem vordersten und dem hintersten Stern liegt ein Winkel von 26°, von der Deichselspitze bis zum vorderen Wagenrad sind es 18°. Die Unterseite des Wagenkastens misst 8°.
Im Winter bietet sich das Sternbild Orion als Eichhilfe an. Zwischen den beiden hellsten Sternen (oben Beteigeuze, unten Rigel) sind es 18°, zwischen den Gürtelsternen und dem Rigel 9°. Die drei Gürtelsterne selbst erstrecken sich über eine Winkeldistanz von 2,7°.
Kleiner und feiner: Die Bogenminute
1 Winkelgrad zerfällt in 60 Bogenminuten ('). Der Vollmond misst 30'. Seine Größe wird oft gehörig überschätzt. Tatsächlich lässt er sich leicht mit dem kleinen Finger verdecken.

Das freie Auge besitzt eine Trennfähigkeit von 1 bis 2'. Das würde etwa 110 bis 220 km in Monddistanz entsprechen.
Eine Haaresbreite entspricht in Armeslänge einem Winkel von grob 4'. Sie können mit einem Menschenhaar also jeden Planeten zudecken, denn Planeten erscheinen kleiner als 1'.
Und nochmals kleiner: Die Bogensekunde
1 Bogenminute teilt man in 60 Bogensekunden ("). Der Jupiter bringt es auf maximal 50" - um seine Wolkenstrukturen zu beobachten, braucht es also ein vergrößerndes Fernrohr. Die Kugel des Saturn (ohne Ring) misst bestenfalls 20". Die dunkle Cassini-Teilung im Ring ist nur 0,8" breit (hier erleichtert der starke Kontrast die Sichtbarkeit).
Die Turbulenzen der Erdatmosphäre (Seeing) lassen selbst in leistungsfähigen Teleskopen selten Auflösungen von unter 1" (also 1/3600 Grad oder 1/60 Bogenminute) zu. Das entspricht der Auflösungskraft eines Teleskops mit 120 cm freier Öffnung bei gleich hellen Doppelsternen. In Monddistanz ist 1" knapp 2 km. Wir werden dort also kaum kleinere Details wahrnehmen können.

Mit speziellen Verfahren, die bei der Astrometrie oder der Planetenfotografie zum Einsatz kommen, gelangt man bei ruhiger Luft bis zur optischen Auflösungsgrenze mächtigerer Instrumente, und damit in Bereiche unter 1 Bogensekunde - z.B. auf 0,6" mit einem 20 cm Spiegelteleskop.

Um handlichere Zahlen zu erhalten, spricht man in der Astrometrie oft von mas (Milliarcseconds, also Tausendstelbogensekunden): 1 Bogensekunde misst 1000 mas. 0,14 Bogensekunden wären demnach 140 mas.
Die Position dieses Quasars (Entfernung zweieinhalb Milliarden Lichtjahre) konnte ich tatsächlich mit einer Genauigkeit von 0,45" ermitteln
Alle Angaben ohne Gewähr
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