Deep Sky Fotografie - Bearbeitung - Dr. Christian Pinter - Fototipps

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Bearbeitung
Die Bildbearbeitung erfordert einige Einarbeitungszeit und beginnt mit dem Stacking der Fotos. Anschließend ist Nachbarbeitung nötig.
Stacking-Software
Es gibt verschiedene Programme fürs Stacking bzw. die Weiterbearbeitung der Summenbilder. Sie unterscheiden sich mehr oder weniger stark anhand der

  • Auswahlmöglichkeit verschiedener Registrierungs- und Stacking-Methoden
  • Rechengeschwindigkeit und Rechnerbelastung
  • Möglichkeiten der anschließend nötigen weiteren Bildbearbeitung
  • Optionen der Bildauswertung (Astrometrie, Astrofotometrie ...)
  • Bedienungsfreundlichkeit, Übersichtlichkeit
  • Unverständlichkeit der Fehlermeldungen
  • Nutzbarkeit von eigenen oder fremden Makros
  • Existenz verständlicher Dokumentationen und Anleitungen
  • Kosten - von 0 bis ca. 360 Euro und mehr

Die Stacking-Freeware DeepSkyStacker (DSS) ist zwar im Leistungsumfang eingeschränkt, aber in den grundlegenden Funktionen wesentlich intuitiver zu bedienen als andere kostenlose Programme wie Siril oder ASTAP. Daher gehe ich hier näher auf DSS ein. Manche der folgenden Punkte gelten sinngemäß auch für andere Stacker.

Man versorgt DSS mit den vielen Lightframes, Darkframes, Bias-Aufnahmen und Flatframes. Das geht bei DSS, anders als bei den meisten anderen Stackern, löblicherweise sogar per Drag & Drop. Hier muss man die jeweilige Bilderflut auch nicht in vorbestimmte Ordner tun.
Mittelwertbildungen bei den Kalibrierungsaufnahmen

DSS (hier der Link zum Handbuch) erstellt per Mittelwertbildungen aus allen Darkframes ein Masterdark, aus allen Bias-Frames ein Masterbias und aus allen Flatframes ein Masterflat. Das ist nötig, um das Rauschen in diesen Kalibrierungsaufnahmen zu reduzieren.


Registrierung der Lightframes

Außerdem ermittelt DSS, inwieweit jedes Lightframe relativ zu anderen Lightframes verdreht bzw. verschoben ist. Diese Offsets werden unter dX und dY bzw. Winkel angezeigt. Dieser Vorgang heißt Registrierung der Aufnahmen. Er wird nur für die Objektaufnahmen benötigt.
Qualitätsprüfung

Nebenbei analysiert DSS auch die Rundheit der Sternabbildung und ermittelt daraus eine Punktezahl (Score genannt). Aufnahmen mit "unrunden" Sternen, entstanden durch Nachführfehler oder Windböen, lassen sich so leichter aussortieren.


Das Stacking

Dann zieht DSS von jedem einzelnen verbliebenen Lightframe das Masterdark sowie das Masterbias ab und dividiert das Ergebnis durch das Masterflat. Die solcherart verbesserten Lightframes werden in Folge von der Software sternengenau übereinander gelegt und kombiniert. Das ist das eigentliche Stacking.


Das Summenbild

Der ganze Vorgang erfordert (je nach Stacking-Methode) ziemlich Zeit und belastet den Prozessor bzw. seine Kerne merklich. Resultat ist ein rauscharmes, eher gleichmäßig ausgeleuchtetes Summenbild.
Verschiedene Einstellungen möglich

DSS bietet etliche Einstellungsmöglichkeiten. Hier als Ausgangspunkt jene, die Peter Knappert (www.black-forest-astrophotography.de) angibt: Der erste Punkt dürfte aber stark von der jeweiligen Kamera abhängen. Falls Besitzer der Canon 1000D nur CR2s mit Grünstich im DSS sehen: "Unter RAW/FITS DDP-Einstellungen" die Option "Schwarzpunkt auf Null setzen" ABWÄHLEN.

    • RAW/FITS - RAW Dateien: Helligkeit 3.000, Rot-Scala 1.1500, Blau-Scala 1.0500; Autom. Weißabgleich verwenden, Adaptive Homogenety-Directed Interpolation
    • Stacking Parameter:  Standard Modus, RGGB-Kanäle im Endbild ausrichten. Hier und unter den folgenden Reitern jeweils: Die Priorität des Worker-Threads reduzieren; Alle verfügbaren Prozessoren verwenden
    • Light: Durchschnitt; Hot Pixel erkennen und entfernen; Dark Optimierung
    • Flat: Median
    • Ausrichtung: Bilinear
    • Kosmetik: Erkennen und Entfernen der verbliebenen Hot-Pixel (Schieber auf: 1 Px, 68.4 Px), Erkennen und Entfernen der verbliebenen Cold-Pixel (Schieber auf: 1 Px, 69.3 Px)
    • Ausgabe: Ausgabedatei erstellen; Autosafe.tif; Nummerieren um ...; Ausgabedatei im Ordner des Referenzframe erstellen
    • Speichern unter: TIFF Bild (16 Bit/K); Anpassungen im gespeicherten Bild einbetten aber nicht anwenden

Ausprobieren anderer Einstellungen ist zeitaufwendig: Am besten z.B. nur 3 Lights, 3 Darks, 3 Flats und 3 Bias-Aufnahmen auswählen; diese Auswahl als Dateiliste abspeichern und damit herumexperimentieren (Hinweis zum Troubleshooting).
Meine eigenen Einstellungen

Ich habe mich tagelang gewundert, warum Ergebnisse nicht reproduzierbar waren. Meine Summenbilder sahen sogar bei identem Ausgangsmaterial unterschiedlich aus. DSS schien ein bewährtes Set von Einstellungen abzuspeichern. Doch tatsächlich speichert DSS die erprobten Einstellungen nur teilweise ab: Andere Parameter werden beim nächsten Start verändert.

Mittlerweile notiere ich mir die Einstellungen lieber, überprüfe sie bzw. stelle sie für meine Canon 550D stets wieder neu ein. Meine lauten:

Bei der Stacking-Methode Durchschnitt:

    • RAW/FITS-Einstellungen: RAW Dateien: Farbanpassung alle auf 1,000
    • Weißabgleich: nirgendwo Häkchen setzen
    • Bayer Matrix Transformation: Bayer Drizzle Algorithmus
Falls ich 2x/3x Drizzle aktivieren möchte, hingegen Bilineare Interpolation


Bei der Stacking-Methode Kappa-Sigma-Clipping
:

    • RAW/FITS-Einstellungen: RAW Dateien: Farbanpassung alle auf 1,000
    • Weißabgleich: nirgendwo Häkchen setzen
    • Bayer Matrix Transformation: Adaptive Homogeneity-Directed Interpolation


Ich überprüfe jedenfalls auch den Sternerkennungsschwellenwert und stelle ihn auf 2%. Die Stacking-Optionen bei Darks, Flats und Bias-Aufnahmen bleiben auf Median.

Sollte das Summenbild nach einer Einstellungsänderung völlig chaotisch anmuten, versucht man es mit einer Neuregistrierung der Lightframes: Man wiederholt den ganzen Vorgang also mit der Einstellung "Registrieren bereits registrierter Bilder".
Wie viel' Sternlein stehen?

Manchmal kommt DSS mit meinen kurzbelichteten Aufnahmen nicht zurecht. Die Software benötigt nämlich eine recht große Zahl von erkennbaren Sternen pro Foto. Ansonsten werden - bestenfalls - bloß wenige Fotos gestackt.
Abhilfen:

    • Je kleiner der Sternerkennungsschwellenwert, desto mehr Sterne erkennt DSS. Bei der Einstellung 10% ist es mir schon passiert, dass nicht einmal meine Fotos von Kugelsternhaufen gestackt wurden. Ich arbeite daher standardmäßig mit dem Extremwert 2%. Es wird zwar eine Überprüfung der Zahl erkannter Sterne angeboten. Es ist aber nicht ersichtlich, wie DSS diese "ermittelt". Denn selbst bei einer hier vorgeblich großen Anzahl verwendet DSS danach mitunter bloß ein einziges Foto zum "Stacken" - und zwar wegen angeblich zu geringer Sternenzahl. Offensichtlich ziehen diese beiden Überprüfungen unterschiedliche Kriterien heran.

    • Eventuell hilft es, unter den RAW/FITS-Einstellungen den Parameter Helligkeit zu ändern, z.B. mit Werten zwischen 1.0 und 3.0 zu experimentieren.

    • Notfalls lässt sich aus jeweils vier Pixel eines machen. Das reduziert zwar die Auflösung, verbessert aber das Signal-to-Noise-Verhältnis (SNR). Dieser Trick sollte auch bei anderen Stackern funktionieren.

    • Bei sehr feiner Sternabbildung hält DSS etliche Sternchen offenbar für heiße Pixel - und findet somit abermals zu wenige Sterne. Notlösung: Man deaktiviert unter Registrierungseinstellungen / Aktionen die automatische Hotpixel-Erkennung.

    • Wenn gar nichts hilft, erstellt man völlig neue Aufnahmen mit höherem ISO-Wert, längerer Belichtung oder, falls möglich, geringerer Brennweite: Je größer das Bildfeld, desto höher ist die Chance, viele Sterne einzufangen.

Bei der DSS-Version 5.1.8 (mit Stand 6.12.2024 nur als Beta-Version verfügbar) kann man den Sternerkennungswert sogar auf 1% stellen, statt auf 2. Vielleicht hilft das bei manchen sternarmen Fotos. Bei meiner Testaufnahme nutzte auch das nicht.

Bei Stacken von Sternspektren, erzeugt mit speziellen Spektralgittern, würde übrigens eine Ein-Stern-Registrierung ausreichen. Doch die bietet DSS trotz entsprechender Anfrage meinerseits nicht an.


Fort mit missglückten Fotos!

    • Will man Fotos mit schlechter Nachführung etc. automatisch aussondern, wählt man in den Registrierungseinstellungen nur einen Prozentsatz, z.B. 75%, zum Stacken aus. Um Bilder mit Satelliten- oder Flugzeugspuren und ähnlichen kurzzeitigen Lichtsignalen fernzuhalten, zieht man die oben erwähnte Stacking-Methode Kappa-Sigma-Clipping vor.

    • Freilich kann man die Lightframes auch manuell durchsehen und schlechte Fotos vom Stapel oder von der Festplatte einzeln entfernen.


JPGs sind eine schlechte Wahl
 
Liegen keine RAWs sondern nur JPGs vor, muss man die JPGs zunächst mithilfe einer Konverter-Software ins TIF-Format verwandeln. Das ist freilich bloß eine Notlösung.


Der Pluto (Pfeil) am 29./30.6.2016 - ganz tief über Wien:

Hier hatte ich leider vergessen, die Kamera auf RAW bzw. CR2 zu stellen und musste die jpgs daher zuerst konvertieren.
Weiterbearbeitung erforderlich
Das resultierende DSS-Summenbild wirkt dunkel und arm an Farben. Man speichert es im TIF- oder im FITS-Format ab (notfalls auch über die Zwischenablage). Pixinsight und Siril würden Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung bieten, DSS nicht: Es erfordert zwangsweise die Weiterverarbeitung mit einer Fotosoftware wie z.B. Lightroom.

In dieser weiteren Foto-Software geht es nun darum, möglichst viele Sterne bzw. Nebeldetails aus dem Himmelshintergrund heraustreten zu lassen oder das verbliebene Bildrauschen zu mildern. Deshalb arbeitet man mit den Reglern für Präsenz, Kontrast, Tiefen, Mitteltöne und Lichter. Oft wird man den Weißabgleich verbessern und dann in einem nächsten Schritt die Sättigung erhöhen.
Der Sternhaufen M11 im Sternbild Schild. Das Foto entstand aus jeweils 15 sec langen Einzelbelichtungen
Es ist unglaublich, was man z.B. mit Adobe Lightroom aus einem matt anmutenden Summenbild herausholen kann.
Der uralte Kugelsternhaufen M3 im Bootes. Hier wurden zahlreiche Fotos mit jeweils 15 Sekunden Belichtungszeit von DSS gestapelt
Spezialisierte Programme wie Siril erlauben es sogar, Gradienten im Bild zu entfernen, Sterne und Nebel im Foto getrennt zu bearbeiten oder Sternfarben mit online-Katalogen zu kalibrieren.

Wegen der bei mir auftretenden, kryptischen Fehlermeldungen wende ich Siril nicht zum Stacking an - aber zunehmend oft zur Weiterbearbeitung der Summenbilder. Dabei folge ich großteils dem Workflow von Astronomie aus Norddeutschland (siehe dieses You-Tube-Video, ab 14'20").

In dieser Reihenfolge:

    • Hintergrundextraktion (geht statt dessen auch mit GraXpert, s.u.)
    • Fotometrische Farbkalibrierung
    • asinh Transformation
    • Histogrammtransformation
    • Grünrauschen-Reduktion
    • Farbsättigung einstellen

Mittlerweile führe ich gern einen Zwischenschritt mit GraXpert ein. Es übernimmt die Hintergrundextraktion der von DSS gelieferten Summenbilder und mindert das Rauschen (sollte GraXpert abstürzen, deaktiviere ich unter Erweitert die AI Hardware Acceleration). Erst danach geht es mit der fotometrischen Farbkalibrierung in Siril weiter.
Der oben gezeigte M3 - gestackt mit DSS und weiter bearbeitet mit Siril
Eine Nacht ist nicht genug
Um viele Lights zu erstellen, reichen speziell die kurzen Sommernächte kaum. Zum Glück lassen sich auch die Fotos aus mehreren Nächten kombinieren - selbst wenn diese Serien mit unterschiedlicher Empfindlichkeit oder Belichtungszeit aufgenommen wurden. Dazu bildet man in DSS aus den Aufnahmen einer jeden Serie eine eigene Gruppe mit den jeweiligen Lights, Darks, Bias und Flats. (In die Hauptgruppe käme nur, was für alles Gruppen gelten würde).

Das folgende Beispiel umfasst drei Gruppen mit jeweils unterschiedlichen Belichtungszeiten und ISO-Einstellungen, gewonnen in zwei Nächten im Juli 2020. Da der Gasnebel M17 tief im Süden steht, und ich dabei über das ganze lichtbesudelte Wien blicken musste, waren meine Erwartungen gering. Aber sehen Sie selbst:








Eine einzelne Belichtung mit 8 Sekunden und ISO 3200











Summenbild aus 266 Belichtungen (8 und 12 Sekunden, ISO 1600 und 2 mal 3200)








Das mit Lightroom bearbeitete Summenbild - nur die Farben stimmen noch nicht
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