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Smart Telescope Dwarf 3 - Dr. Christian Pinter - Fototipps

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Dwarf 3 - mein zwergenhaftes Smart Telescope
Innovationen im Teleskopbau scheinen heute vor allem aus Asien zu kommen. Aus dem chinesischen Wuhan stammt z.B. das Dwarf 3. Es ist eine Nachführplattform mit GOTO-Funktion samt eingebauten Kameras.

Das Instrument macht seinem Namen Ehre. Von seiner Dimension her ist es ein fotografisches "Handtaschenfernrohr" und bringt gerade einmal 1,3 kg auf die Waage. Wie jeder Zwerg, besitzt auch das Dwarf 3 zwei Augen - in Form zweier fix verbauter CMOS-Cams für den Tele- und den Weitwinkelbereich.

Der Sensor für die Tele-Optik ist der gleiche wie in meiner Planetenkamera von Zwo Asi (ebenfalls China), entwickelt von der japanischen Firma Sony.

Gesteuert wird dieses Smart Telescope per Smartphone-App. Weil es nach dem Einschalten selbständig eine zuvor erstellte Liste mit Belichtungsaufträgen abarbeiten kann, mag man es vielleicht auch als robotisches Teleskop bezeichnen.
First Light für mein Dwarf 3 im November 2025
Ich hatte zwei Gründe, mir dieses Instrument im Herbst 2025 zuzulegen.

Zum einen wird der Rucksack von Jahr zu Jahr schwerer. Das Dwarf 3 ist leicht genug, um damit auch per Bahn aus der Stadt zu fliehen. Ein Fotostativ und möglichst auch eine Polhöhenwiege gehören ins Fluchtgepäck.

Zum anderen ruht mein Wohnhaus auf keinem Drehteller. Die Balkone blicken unabänderlich Richtung Südsüdwest - und damit übers ganze lichtverdreckte Wien. Die Nordhälfte des Himmels wäre dunkler, entzieht sich aber meinem schweren Meade-Teleskop. Auch hier soll das Dwarf 3 in Zukunft Abhilfe schaffen.
Erste Nacht mit dem (noch mäßig montierten) Dwarf 3: Links der ärmliche Sternhaufen M29
Spezifikationen

Hersteller: Dwarflab (China)
Standort: Wien 21 und mobil
Steuerung: via Smartphone-App Dwarflab  
Nachführung: eingebaut
Aufstellungsmodi: wahlweise azimutal oder äquatorial
Gewicht: 1,3 kg

Tele

Optik: 6-linsig
Öffnung: 35 mm
Brennweite: 150 mm
Öffnungszahl: 4,3
Theoretische Auflösung: 3,4"

Interne Filter:
VIS: 430 bis 650 nm
Astro: 430 bis 690 nm (erweiterte Rotempfindlichkeit)
Filter Duo-Band: 486 bis 501 plus 656 nm (Emissionen von OIII, H-Beta und H-Alpha)
Bildformate: TIFF, FITS, PNG, JPG

Sensor: Sony IMX678, 3.840 x 2.160 Pixel (Color)
Pixelgröße: 2,0 μm
Äquivalentbrennweite: 737 mm
Crop-Faktor: 4,9
Bildfeld: 2,9 x 1,6° (176' x 99') - über die Mosaikfunktion erweiterbar

Weitwinkel

Öffnung: 3,4 mm
Brennweite: 6,7 mm
Öffnungszahl: 2
Theoretische Auflösung: 0,6'

Interner Filter: Astro: 430 bis 690 nm (erweiterte Rotempfindlichkeit)

Sensor: Sony IMX307, 1920 x 1080 Pixel (Color)
Pixelgröße: 2,9 μm
Äquivalentbrennweite: 45 mm
Crop-Faktor: 6,7
Bildfeld: 50° x 30° - über die Panoramafunktion teilweise erweiterbar
Erste Nacht mit dem (damals noch mäßig montierten) Dwarf: Um Trump zu ärgern, stahl ich dem Nordamerika-Nebel bei der Bildbearbeitung die Sterne. Man beachte den Golf von MEXIKO
Zwergen-Netzwerk

Das Gerät baut sein eigenes WLAN-Netz auf, auf das man sein Smartphone mittels Dwarflab-App einschwört. Im dort aktivierten STA-Modus bleibt das Telefon trotzdem noch mit dem Internet verbunden. Beim ersten Test kam es zu einen Verbindungsabbruch, möglicherweise verursacht vom gleichzeitig eingeschalteten Heim-WLAN.
Polhöhenwiege

Das Dwarf 3 kann sowohl azimutal als auch äquatorial betrieben werden.

Im azimutalen Modus schraubt man es einfach auf den waagrecht ausgerichteten Kopf des Fotostativs. Die Optik dreht sich dann vertikal und horizontal. Dabei sind die Belichtungszeiten begrenzt, weil der Sternenhimmel ja scheinbar um die Himmelsachse rotiert - und nicht rund ums Lot. Außerdem kommt es beim Stacking leichter zu Artefakten.
Die Astrofotografie bevorzugt daher den äquatorialen Aufstellungsmodus. Dazu neigt man hier den Stativkopf, bis die Fotoschraube den Himmelspol anpeilt.

Der exakte Höhenwinkel entspricht der geografischen Breite des Beobachtungsorts (z.B. Wien: 48°).

Bequemer ist der Einschub einer sogenannten Polhöhenwiege zwischen dem (nun wieder horizontal ausgerichteten) Stativkopf und dem astronomischem Gerät (Foto links). Durchdachte Wiegen besitzen Skalen und erlauben Feinbewegungen in beiden Achsen.

Egal, ob man sich eine solche Wiege anschafft - in jedem Fall mag man den korrekten Neigungswinkel mit einem digitalen Winkelmesser prüfen (auch elektronische Wasserwaage genannt).
Von der Electronically Assisted Astronomy zur Deep-Sky-Fotografie

Das Gerät wurde ursprünglich für die Electronically Assisted Astronomy (EAA) konzipiert: Das Bild baut sich nach und nach live auf dem Smartphone-Display auf.

Das interne Speichermedium umfasst 128 GB. Davon verbleiben 104 GB für die Light- und Darkframes, die dort auch unkomprimiert vorliegen. Dies erlaubt nachfolgend auch jenen Workflow, der aus der Deep Sky Fotografie vertraut ist: Mit Dunkelbildabzug und dem Stacken der solcherart teilentrauschten Lightframes am Computer.


Dateitransfer zum PC oder Notebook bzw. zum Smartphone

Ab Werk im Dwarf gespeichert sind ein paar grundlegende Darkframes sowie je ein Flatframe und ein Biasframe für die beiden Kameras. Man kann freilich auch selbst passende Kalibrierungsaufnahmen anfertigen.

Um die vorgefertigten und die selbst erzeugten Dateien in den Computer zu übertragen, steckt man das beiliegende Kabel in die USB-C Buchse des Rechners. Notebooks sind oft schon damit ausgestattet. PCs nicht: Dann tut ein Adapter Not (USB-C Buchse auf USB-A Stecker).

Sofern das Dwarf eingeschaltet ist, meldet es sich am Computer als Laufwerk an.

Hat man keinen Computer zur Hand, mag man die Dateien vom voll gewordenen Gerätespeicher des Dwarf 3 notfalls auch auf die SD-Karte eines OTG-fähigen Smartphones oder Tablets verschieben, und von da eventuell weiter auf einen USB-Speicherstick. Das klappt bis 128 GB sogar mit meinem billigen Xiaomi-Phone (Android). Voraussetzungen: Ein OTG-Kabel, die Freischaltung der OTG-Funktion in den Einstellungen und eine Dateimanager-App im Smartphone.
Erste Nacht mit dem (noch mäßig montierten) Dwarf: M27, der Hantelnebel
Stromversorgung

Das Dwarf 3 besitzt einen fest verbauten Akku für etwa drei Stunden Aufnahmebetrieb. Die vergehen bei klarem Himmel allzu rasch. Der Betrieb mit einem passenden Netzgerät funktioniert ebenfalls. Es sollte eine Buchse Typ C besitzen. Mit einem entsprechenden Adapter klappt es aber auch mit einer Typ A Buchse (USB 3.0).

Deutlichere Unterschiede existieren beim Laden des Akkus: An einer USB 3.0 A Buchse braucht man dafür sehr viel Geduld. Ein Ladegerät mit USB-C Buchse füllt den Akku rascher wieder auf.

Demnächst ausprobieren werde ich den Betrieb an einer starken Powerbank (27.000 mAh, Typ C Buchse). Das sollte für eine ganze Nacht reichen.
Bei Sonne, Mond und Planeten untermotorisiert

Ein Sonnenfilter für beide Objektive liegt bei. Von der Sonne oder auch vom Mond liefert das Gerät aber eher Schnappschüsse. Hier mangelt es ihm deutlich an Brennweite: Die Auflösung der Teleoptik beträgt rechnerisch 3,4". Die des Sensors wäre pro Pixel ein wenig feiner.

Man mag daher versuchen, die Aufnahmequalität zu verbessern - durch das Stacking etlicher Lightframes am Computer (eventuell mit 1,5fachem Drizzle) und dem nachfolgenden Schärfen des Summenbilds. Dazu bieten sich AutoStakkert (im Surface-Modus) und waveSharp an.
First Light für mein Dwarf 3: Sonnenflecken. Einzelbild (li.) und Stack aus 47 Fotos (re.)
Hier in Originalgröße: Rechts wieder das Summenbild
Filter intern und extern

Wahlweise schiebt sich einer von drei internen Filtern in den Strahlengang.

Der VIS-Filter (das Kürzel steht für visuell) imitiert in etwa die spektrale Empfindlichkeit des menschlichen Auges oder einer unmodifizierten DSRL. Er öffnet steil im Blauen bei etwa 430 nm. Ab 550 nm beginnt eine langsam stärker werdende Dämpfung. Bei 700 nm ist endgültig Schluss.

Der sogenannte Astro-Filter tut es dem VIS-Filter gleich, verzichtet aber auf die erwähnte Dämpfung. Statt dessen lässt er das gesamte Fenster von 430 bis 700 nm sperrangelweit offen. Er ahmt somit das spektrale Verhalten einer astromodifizierten DSLR nach.

Besonders interessant ist der Duo-Band-Filter. Er entspricht einem modernen fotografischen UHC-Filter: Dieser sperrt alle Wellenlängen aus. Nur der grüne Bereich um 500 nm (O III plus H-Beta) darf passieren, ebenso der rote um 655 nm (H-Alpha). Die Öffnungen sind jeweils sehr schmal, messen keine 40 nm. Vor allem Emissionsnebel profitieren davon.

Das generelle Aussperren von infrarotem Licht ist schade, zumal der Sensor selbst durchaus IR-empfindlich wäre. Doch Linsenkombinationen sind eben nicht im IR korrigiert.

Über Zubehörteile aus dem 3D-Drucker mag man nachts zusätzlich die vom Fernrohr bekannten 1,25- oder 2-Zoll-Filter vor die Linsen des Dwarf schrauben - und sich so auch anderen engen Spektralbereichen widmen: Ein Feld für Experimente tut sich auf.
Der Zwerg als Objektivspektrograf

Ich bin auch schon neugierig, was beim Einschrauben meines Spektralgitters SA-100 von StarAnalyser (100 Linien pro Millimeter) in den 3D-gedruckten Filterhalter passiert. Das würde den Dwarf in einen Objektivspektrografen verwandeln, zumindest bei punktförmigen oder zumindest punktähnlichen Himmelsobjekten.
Der Leipziger Amateurastronom Uwe Pilz hielt mit dem Dwarf und dem erwähnten Gitter sogar schon die Swan-Banden im Spektrum des Kometen Lemmon fest: Zu sehen hier auf cloudynights.com, USA.
Weiteres Zubehör aus dem 3D-Drucker

Die vorgeschalteten Halter für externe Rundfilter erwähnte ich oben bereits. Findige Personen entlocken ihrem 3D-Drucker aber noch mehr Zubehör, bieten entsprechende Sets z.B. über Ebay an.

Interessant ist die kleine Bahtinov-Maske zum Fokussieren; ebenso die innen mit Stoff ausgekleidete Taukappe: Sie hält vor allem Streulicht ab.
Dazu gesellen sich noch Beugungsmasken, welche die von Newton-Teleskopen bekannten Sternspeichen erzeugen.

Ob man sie mag, ist Geschmackssache.
Mit dem Dwarf verwendete Software
Die kostenlose Dwarflab-App dient der Steuerung des Dwarf 3 via Smartphone. Sie wird, ebenso wie die Firmware des Geräts selbst, beständig von Dwarflab weiterentwickelt.

Mit der App wählt man interessante Himmelsobjekte aus einer Liste oder verwendet den beigefügten Himmelsatlas. Das Dwarf 3 steuert das gewünschte Ziel dann per GOTO an.

Außerdem werden über die App die Belichtungsparameter (Zeit, Gain, Anzahl der Fotos) festgelegt und der passende Filter eingeschaltet. Die Autofokus-Funktion kann auf Wunsch übersteuert werden.

Zum Abziehen der Darkframes und zum Stacken der Lightframes verwende ich am PC den vertrauten Deep Sky Stacker. Die weitere Ausarbeitung der Deep Sky Summenbilder erfolgt bei mir mit Siril.
Tageslichttauglich

Der Zwerg kann natürlich auch tagsüber fotografieren und filmen. Dazu bietet die Dwarflab-App unter anderem eine Serienbild-, eine Zeitraffer- und eine Panoramafunktion. Ein Trackingmodus verfolgt Objekte, z.B. Vögel und andere Tiere. In der Nacht soll das übrigens auch mit sich rasch bewegenden Himmelslichtern klappen.  


Alle Angaben ohne Gewähr!
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